Die Morgenroutine

Wenn man anfängt, sich intensiv mit Yoga zu beschäftigen, stößt man schnell auf das Wort „Morgenroutine“. Gibt man diesen Begriff in den sozialen Medien ein, findet man auch schnell  unfassbar viele Menschen, die gefühlt alle quasi mitten in der Nacht mit einem frischen Smoothie und völliger Entspannung durch die vorherige Meditation in die Kamera strahlen. Oder gar ein Mark Wahlberg, der seinen Tag um 2.30 Uhr beginnt. Das muss man sich mal vorstellen.

Völlig abseits der Realität – jedenfalls für mich am Anfang meiner Ausbildung. Ich habe diesem Thema auch wenig Beachtung geschenkt, da ich nichts mit Selbstgeißelung am Hut haben wollte.

Leider habe ich aber mit der Zeit festgestellt, dass mir jegliche Routine fehlte. Immer habe ich mir gesagt, an diesem oder jenem freien Vormittag übe ich Yoga und nehme mir die Zeit für mich. Was kam dazwischen? Das Übliche. Einkaufen, Haushalt, spontanes Treffen mit einer Freundin, was auch immer. Das machte mich unzufrieden, denn ich wollte schon gerne auf meinem Yoga-Weg vorankommen und mich auch langsam mal mit dem Thema Meditation beschäftigen, aber es wollte einfach nicht so recht klappen. Obwohl es mir jedes Mal unglaublich gut tat, wenn ich meinen Hintern hoch bekommen habe, wollte ich mir weiterhin nichts aufzwängen, denn das würde ja auch nichts bringen. Du erkennst meinen Konflikt.

Übrigens reden wir hier nicht von ein paar Tagen, die ich darüber nachgedacht habe, sondern von Monaten.

Irgendwie musste eine Lösung her. Und so sah mein Ansatz aus:

Ich stellte mir an einem Abend einfach mal so meinen Wecker auf 5.30 Uhr und wollte schauen, was passiert. Ich räumte mir gedanklich schon ein, dass es okay ist, zu snoozen und vielleicht doch nicht aufzustehen.

Als mein Wecker dann tatsächlich um 5.30 Uhr klingelte, blieb ich erstmal wach im Bett liegen und analysierte die Situation. Siehe da, ich fühlte mich genauso gerädert und müde, als hätte mein Wecker 45 Minuten später geklingelt. Also konnte ich auch aufstehen. Ich übte 30 Minuten Yoga, versuchte mich 5 Minuten in der Meditation und hatte sogar noch Zeit, ein paar Seiten zu lesen, bevor der Rest der Familie wach wurde. Das war großartig. Nicht nur, dass mir das Yoga Programm zu viel mehr Entspannung beim Start in den Tag verhalf. War ich nicht total diszipliniert gewesen? Man kann hier durchaus von Stolz sprechen.

Trotzdem sagte ich mir, dass ich das nicht jeden Tag machen muss, um nicht von mir selbst enttäuscht zu sein, wenn ich es nicht schaffe. Aber ich ließ meinen Wecker mal bei 5.30 Uhr stehen, nur um zu schauen, was passiert.

Es passierte Folgendes: Ich fing total an, es zu genießen, mit Yoga und dieser Zeit für mich ganz allein in den Tag zu starten. Ich bin entspannter, übe fleißig jeden Tag und mein Alltag muss sich noch nicht mal anpassen. Die Wäsche bleibt nicht liegen und Zeit für einen spontanen Kaffee mit einer Freundin habe ich auch.

So bin ich tatsächlich zu einer richtigen, eigenen Morgenroutine gekommen. Wer hätte das gedacht? Ich auf jeden Fall nicht und hätte man meinen Eltern vor 20 Jahren erzählt, dass ich mal früh morgens aufstehe, um Yoga zu machen, hätten sie wahrscheinlich ziemlich lange und laut gelacht.

Was will ich Dir also damit sagen, oder Dir mit auf den Weg geben? Vielleicht hättest Du auch gerne eine feste Yoga-Praxis in Deinem Alltag integriert, oder findest die Vorstellung gut, mit Entspannung und mehr Ausgeglichenheit in den Tag zu starten.

Möglicherweise hast Du aber mal deinen Wecker eine halbe Stunde eher klingeln lassen und festgestellt, dass es einfach nicht Deine Zeit für Hund, Eidechse und Co ist. Das ist total okay.

Wenn Du es aber dennoch gerne „können“ möchtest, dann fang doch einfach mal mit kleinen Schritten an. Stell den Wecker vielleicht nur 10 Minuten eher und suche Dir eine kleine Yoga-Praxis, die Du noch im Bett machst. Ein paar bewusste Atemzüge, die Handgelenke und Füße kreisen, eventuell ist noch ein kurzer Vierfüßler mit Katze und Kuh drin.

Du wirst feststellen, dass diese kleine Veränderung schon eine Wohltat für deinen Energiehaushalt ist und ein großer Unterschied zum halb-bewusstlosen Kriechen zur Kaffeemaschine.

Aber das Wichtigste an meiner Morgenroutine ist: Ich mache das, was sich für mich gut anfühlt. Das kann durchaus ein intensiver Sonnengruß sein, aber genauso gut eine sanfte, kürzere Praxis. Heute Morgen hatte ich nur Lust auf Meditation und sämtliche Tierhaltungen habe ich auf morgen verschoben. Vielleicht habe ich auch mal gar keine Lust aufzustehen und dann bleibe ich einfach liegen!

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